Rassisten und Neonazis in Deutschland

🕓 Lesezeit circa 5 Minuten

Es ist für mich unbegreiflich. Wie kann Rassismus in unserer modernen Zeit noch existieren? Wie kann es so viele Neonazi-Veranstaltungen in Europa geben, die geduldet werden? Weshalb sind Menschen so von Hass erfüllt? Warum projizieren Rassisten und Nazis ihre Wut auf andere Volksgruppen oder Religionsgemeinschaften und entwickeln dabei in vielen Fällen sogar Mordgedanken?

Bevor ich auf die aktuellen Geschehnisse zum Thema Rassismus und Neonazis eingehe, möchte ich eines deutlich aussprechen: wir sind alle Menschen! Es spielt keine Rolle welche Hautfarbe wir haben, wie wir aussehen, wo wir aufgewachsen sind oder an welchen Gott wir glauben: wir sind eine große Familie. Nur mit Liebe und Respekt können wir eine Welt erschaffen, die schön ist und auf der es uns allen gut geht. Hass dagegen ist eine zerstörerische Kraft, die nur Leid und Kummer bringt.

Nein zu Rassismus! Nein zu Neo-Nazis!

„Wo Liebe wächst, gedeiht Leben, wo Hass aufkommt droht Untergang.“ (Mahatma Gandhi)

Sarrazin und der Antirassismus-Ausschuss der UN

Als Thilo Sarrazin damals sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ auf den Markt brachte und seine Thesen in der Öffentlichkeit verkündete spaltete er die deutsche Bevölkerung damit in zwei Lager. Während die einen empört und erschrocken waren, dass ein ehemaliger Politiker solche volksverhetzende Reden schwingt, fühlten sich andere wiederum in ihren Vorurteilen bestätigt und jubelten Thilo Sarrazin zu.

Schließlich stellte der Türkische Bund Berlin (TBB) im Oktober 2009 Strafantrag wegen Volksverhetzung und Beleidigung. Grund der Klage waren die in der Zeitschrift „Lettre International“ von Sarrazin getätigten rassistischen und volksverhetzenden Äußerungen über Berliner Türken und Araber. Das Ermittlungsverfahren wurde durch die General-Staatsanwaltschaft Berlin allerdings eingestellt, da das Gericht Sarrazins Äußerungen als freie Meinungsäußerung wertete. Daraufhin legte der TBB eine offizielle Beschwerde beim Internationalen Ausschuss über die Beseitigung von Rassendiskriminierung“ (CERD) ein.

Nun hat sich der Antirassismus-Ausschuss der UN nach einer über dreijährigen Untersuchung zu Wort gemeldet und setzt Deutschland ein Ultimatum. Sarrazin habe mit seinen Aussagen „die Ideologie rassischer Überlegenheit und Rassenhass verbreitet“ und zu „rassistischer Diskriminierung angestiftet“. Und das CERD kritisiert scharf die Einstellung des Berliner Gerichtsverfahrens. Damit habe Deutschland seine Verpflichtung aus der Antirassismuskonvention verletzt, eine eventuelle Gefährdung des öffentlichen Friedens effektiv zu untersuchen. Über die Art und Weise, wie Deutschland mit diesen rassistischen Äußerungen umgegangen ist, soll die deutsche Regierung nun nachdenken. Innerhalb der nächsten neunzig Tage erwartet der UN-Ausschuss einen Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung seiner Empfehlung.

Neo-Nazis und Rechtsrock-Konzerte

Gestern war der Journalist Thomas Kuban zu Gast bei Markus Lanz. Thema: die Neonazi-Szene. Thomas Kuban erzählte, dass in Deutschland regelmäßig  Neonazi-Veranstaltungen stattfinden, auf denen laut zur Gewalt gegen Ausländer und Juden aufgerufen wird und immer wieder der Hitler-Gruß gezeigt wird. Die Polizei schreitet anscheinend so gut wie nie ein.

Seit vielen Jahren bewegt sich Thomas Kuban undercover in der rechten Musikszene. Sein Name ist deshalb auch ein Pseudonym. Die Erfahrungen, die er in der Neonazi-Szene sammelte, hat er nun in seinem Buch „Blut muss fließen“ verarbeitet. Zudem basiert der Dokumentarfilm von Regisseur Peter Ohlendorf mit dem Titel „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ auf seiner Arbeit als verdeckter Rechercheur.

Um einen Eindruck zu bekommen, habe ich hier einen Beitrag des Bayrischen Rundfunks für Euch. Die Parolen der Neonazis lassen einem das Blut in den Adern erfrieren. Es ist wirklich schockierend!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Der NSU-Prozess

In dem bevorstehenden Gerichtsverfahren geht es um eine Mordserie an überwiegend türkischstämmigen Kleinunternehmern. Die Anschlagsserie hatte im Jahr 2000 in Nürnberg-Langwasser mit tödlichen Schüssen auf einen Blumenhändler begonnen, weitere Morde folgten. Zu den Taten bekannte sich die rechtsextreme Gruppierung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU), der nicht nur die Mordserie vorgeworfen wird, sondern auch das Nagelbomben-Attentat in Köln im Jahr 2004 und der Polizistenmord von Heilbronn im Jahr 2007. Zahlreiche Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der Aufklärung der Morde werfen kein gutes Bild auf den deutschen Rechtsstaat; Aktenvernichtung, umstrittene V-Personen, Nachlässigkeiten und organisatorische Defizite werden den Ermittlungsbehörden vorgeworfen. Nun wurde auch noch der Prozess verschoben, da es Streit über die Vergabe der Presseplätze im Gerichtssaal gab. Eine türkische Zeitung hatte sich deshalb beim Bundesverfassungsgericht beschwert, und Recht bekommen. Nun wurde der Prozessbeginn auf den 6. Mai verschoben.

Rassismus bekämpfen. Neonazis stoppen.

Sarrazin äußert sich menschenverachtend, trotzdem wird sein Buch zum Bestseller und das Gerichtsverfahren gegen ihn wird eingestellt. Nun muss sich Deutschland dafür von der UN rügen lassen.
Jede Woche finden in Deutschland und Nachbarländern Neonazi-Konzerte statt, in denen Hass gepredigt wird und zu Gewalt aufgerufen wird. Die Polizei greift nicht ein. Die Medien berichten nur selten.
Jahrelang kann die die rechtsextreme Terrorgruppe NSU Morde begehen; die Sicherheitsbehörden versagen, Ungereimtheiten existieren bis heute.

Ich selbst bin mit Neonazis nie in Berührung gekommen und auch Rassismus begegnet mir im Alltag glücklicherweise recht selten. Werde ich Zeuge einer rassistischen Bemerkung, kritisiere ich diese selbstverständlich entschieden.

Seit acht Jahren lebe ich nun schon nicht mehr in Deutschland. Als Deutsche, die in Spanien lebt, bin ich der Ausländer, der mit Fremdenhass und Diskriminierung rechnen muss. Doch ich kann frohen Herzens sagen, dass ich aufgrund meiner Herkunft in Spanien nie diskriminiert worden bin. Und deshalb habe ich auch wirklich geglaubt, dass Rassismus in Europa weniger wird. Aber vielleicht war hier auch mein Wunsch der Vater des Gedanken. Dass dem keinesfalls so ist, zeigen die vorangegangenen Beispiele.

Mit diesem Blog-Beitrag möchte ich deshalb jetzt Stellung beziehen. Ich wünsche mir, dass Rassismus keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft hat. Ich wünsche mir, dass wir uns alle mit mehr Respekt und Wohlwollen begegnen. Ich wünsche mir, dass Politik und Medien sich stärker gegen Rassismus und Neonazis einsetzen.

Lasst uns wieder vermehrt über das Thema Rassismus sprechen. Lasst uns die Menschen unterstützen, die in unserer Gesellschaft diskriminiert werden. Lasst uns laut sagen, dass wir von der Politik und der Polizei erwarten, dass sie etwas gegen die wachsende Neonazi-Szene unternehmen. Und lasst uns gemeinsam für ein Verbot der NPD stark machen.

Fazit

Es scheint, als hätten wir die Themen Rassismus und Neo-Nazismus zu lange ruhen lassen. Wir müssen wieder häufiger darüber sprechen. Wir dürfen den Hasspropheten nicht länger Zeit und Raum geben, um ihr gefährliches Gedankengut weiterzuverbreiten. Wir müssen dem Rassismus und den Neonazismus Einhalt gebieten!

P.S. Dir hat dieser Artikel gefallen? Dann teile ihn bitte!

Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

3 Antworten

  1. worldcitizen sagt:

    Liebe Frau Kokoska,
    ich bedanke mich dafür, dass Sie diesen Beitrag geschrieben haben. Leider sind die Fakten und Nachweise, die Sie in Ihrem Beitrag genannt haben,nur diejenigen, die Sie über Medien und das Netz mitbekommen. Die Realität ist meiner Ansicht nach viel dramatischer. Es ist eine Gesellschaft voller Misstrauen zueinander in Deutschland entstanden, das
    behaupte ich. Die interkulturelle Kommunikation nimmt deswegen immer mehr ab. Der Ausländer muss zuerst dem Deutschen beweisen, dass er nicht gemeingefährlich etc.ist und der Deutsche muss dem Ausländer nachweisen, dass er kein Rassist ist, bevor es überhaupt zu einer Kommunikation kommt. Leider ist es gar nicht möglich, dieses Plädoyer zueinander noch zu geben und eine Kommunikation zu beginnen. Verloren gegangenes Vertrauen wieder zu finden ist entweder sehr schwer wenn gar unmöglich. Davon abgesehen hört der einzelne in Deutschland mindestens einmal die Woche eine rassistische Bemerkung im unmittelbaren Umfeld. Manchmal öffnet ein Busfahrer einem eindeutig ausländigen Mitbürger nicht mal die Tür; das kommt viel zu oft vor. Von Wohnungssuche als Ausländer brauche ich nicht zu sprechen. Sogar den selbst bezahlten Kaffee oder Bier in der Öffentlichkeit als Ausländer zu trinken bedeutet mindestens Blicken ausgesetzt zusein wenn nicht mehr (Sprüche bis Hausverbote ohne Gründe). No go areas und „national befreite Zonen“ nehmen zu. Die Medien bringen rassistische Ausschreitungen in den seltensten Fällen in die Titelseite, wenn überhaupt. Ein Beispiel: „eine Renntnerin greift eine verschleierte türkische Frau verbal auf der Strasse an und packt das 4 jährige Kind dieser Frau und schmeisst es auf die Strasse. http://www.twikle.de/coburg-r-21714-4-8615519.htm
    21 jähriger Feuerwehrmann wegen Brandstiftung vor Gericht, doch Gericht will, dass die türkische Familie, deren haus angezündet wurde, sich mit diesem Neonazi versöhnt:
    http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2013/05/04/a0027

    Oder deutscher Renntner hetzt seinen Hund auf 6 jähriges türkisches Mädchen und verteidigt sich im Anschluss mit den Worten:“Ich darf doch wohl noch meinen Hundauf Türken hetzen.“ Das Mädchen erlitt schwere verletzungen, leider finde ich den Link nicht mehr.

    All diese und vielmehr Vorkommnisse gelangen garnicht mehr zur deutschen Presse, da Deutschland und die affektierten Ortschaften um sein Image fürchtet. Davon gibt es zig Vorkommnisse.

    Die Menge an rassistischen Kommentaren im Netz ist unglaublich hoch.

    Institutioneller Rassismus ist noch immer nicht in Deutschland angegangen worden.

    Die Psyche ist unter den Ausländern mehr als traumatisiert.

    Ich sehe keine Möglichkeit mehr, gegen eine so grosse Mehrheit an Rassisten am Arbeitsplatz etc. anzukämpfen.

    Trotzdem wollte ich mich für Ihren Beitrag bedanken und wünsche Ihnen schöne Tagein Spanien.

    • Lieber Weltbürger,

      Ihr Kommentar hat mich sehr berührt. Ich bin entsetzt, dass in Deutschland anscheinend so viel Rassismus und Hass herrschen. Und ich bin unendlich traurig darüber und sehr erschrocken, dass Sie sich so ohnmächtig fühlen. Fühlen Sie sich umarmt – das ist, was ich an dieser Stelle am liebsten tun würde.

      Ich selbst bin Einwanderer und seit vielen Jahren Gast in einem anderen Land. Die Menschen begegnen mir hier mit so viel Freundlichkeit und Offenheit, dass es mich schon mehrmals zu Tränen gerührt hat. Als Deutsche war für mich eine solche Herzlichkeit Fremden gegenüber sehr überraschend und hat mein Herz tief berührt. Auch die Euro-Politik von Frau Merkel, die in Spanien viel Wut und Verständnislosigkeit auslöst, hat daran nichts geändert. Und selbst die vielen deutschen Touristen, die sich als Gast in diesem Land häufig daneben benehmen und immer wieder menschenverachtende Kommentare gegenüber Kellnern, Hotelmitarbeitern und andere Personen äußern, haben es glücklicherweise nicht geschafft, dass die Spanier sich mir als Deutsche gegenüber je kalt oder fremdenfeindlich benommen hätten. Ich kann es gar nicht in Worten ausdrücken, wie sehr ich die Menschen in diesem Land dafür achte, dass sie diesen freundlichen, respektvollen Umgang pflegen. Das ist einer der Gründe, weshalb ich hier in Spanien leben möchte.

      Aber ich möchte nicht nur traurig, schockiert und wütend über die wachsende Neonaziszene in Europa und den noch immer herrschenden Rassismus sein. Ich möchte etwas tun, wenn es auch nicht viel ist. Mich haben die Ereignisse der letzten Zeit sehr betroffen gemacht und deshalb möchte ich über das Thema sprechen und mich öffentlich äußern, dass diese Entwicklung erschreckend ist und sich ändern muss. Die Gegenstimmen zu Hass, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit müssen lauter werden. Ich versuche eine dieser Stimmen zu sein.

  2. Maya sagt:

    Vielen, vielen Dank für diesen Beitrag. Ich habe mich die letzten Wochen vermehrt mit dem Holocaust, der Widerstandsbewegung „Die Weiße Rose“, natürlich den Geschwistern Scholl und Rassismus und Neonazismus im allgemeinen beschäftigt und bin tief betroffen.
    Ich bin Österreicherin, und es erschreckt mich momentan zutiefst, wie die Leute beginnen, zu vergessen. Beim Fortgehen hört man plötzlich Gruppen rassistische oder faschistische Lieder gröhlen. Besonders betroffen macht mich, dass es vor allem Leute in meinem Alter (Jugendliche) sind, die solch abartigem Gedankengut verfallen.
    Als Jugendlicher sollte man doch weltoffen, positiv sein, am liebsten die ganze Welt bereisen wollen und neue Leute kennen lernen wollen. Nein, stattdessen sind alle anderen minderwertig und bloß nirgends anders hinsehen. Ich verstehe dieses Denken nicht, ich verstehe nicht, wie man als Jugendlicher so denken kann. Umso mehr entsetzt es mich.

    Ein Lied von Konstantin Wecker, das mir momentan viel Motivation und Kraft gibt: Sage Nein!

    Wenn sie jetzt ganz unverhohlen
    wieder Nazi-Lieder johlen,
    über Juden Witze machen,
    über Menschenrechte lachen,
    wenn sie dann in lauten Tönen
    saufend ihrer Dummheit frönen,
    denn am Deutschen hinterm Tresen
    muß nun mal die Welt genesen,
    dann steh auf und misch dich ein:
    Sage nein!

    Meistens rückt dann ein Herr Wichtig
    die Geschichte wieder richtig,
    faselt von der Auschwitzlüge,
    leider kennt man´s zur Genüge –
    mach dich stark und bring dich ein,
    zeig es diesem dummen Schwein:
    Sage nein!

    Ob als Penner oder Sänger,
    Bänker oder Müßiggänger,
    ob als Priester oder Lehrer,
    Hausfrau oder Straßenkehrer,
    ob du sechs bist oder hundert,
    sei nicht nur erschreckt, verwundert,
    tobe, zürne, bring dich ein:
    Sage nein!

    Und wenn aufgeblasne Herren
    dir galant den Weg versperren,
    ihre Blicke unter Lallen
    nur in deinen Ausschnitt fallen,
    wenn sie prahlen von der Alten,
    die sie sich zu Hause halten,
    denn das Weib ist nur was wert
    wie dereinst – an Heim und Herd,
    tritt nicht ein in den Verein:
    Sage nein!

    Und wenn sie in deiner Schule
    plötzlich lästern über Schwule,
    schwarze Kinder spüren lassen,
    wie sie andre Rassen hassen,
    Lehrer, anstatt auszusterben,
    Deutschland wieder braun verfärben,
    hab dann keine Angst zu schrein:
    Sage nein!

    Ob als Penner oder Sänger,
    Bänker oder Müßiggänger,
    ob als Schüler oder Lehrer,
    Hausfrau oder Straßenkehrer,
    ob du sechs bist oder hundert,
    sei nicht nur erschreckt, verwundert,
    tobe, zürne, bring dich ein:
    Sage nein!

    Liebe Grüße und Danke noch einmal für den großartigen Post.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert