Neonazis im Internet – eine wachsende Gefahr?

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Gib Nazis keine Chance (Foto: dielinkebw/Flickr)

Gib Nazis keine Chance (Foto: dielinkebw/Flickr)

Laut dem letzten Bericht zum Thema „Rechtsextremismus online“ hat das Unternehmen Jugendschutz.net im Jahre 2010 circa 6.000 rechtsextreme Beiträge im Web-2.0 dokumentiert. Das waren drei Mal so viele wie im Jahr zuvor. Nun warnen Jugendschutz.net und die Bundeszentrale für politische Bildung vor den Internet-Aktivitäten der Rechtsextremen, die Jugendliche mit modernen und professionellen Web 2.0 Angeboten ködern und sie von ihrem menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Gedankengut überzeugen wollen.

Besonders nach den schrecklichen Erkenntnissen der letzten Wochen ist das Thema Rechtsextremismus wieder in aller Munde. Eine grausame Neonazi-Mordserie kam ans Licht, die von der deutschen Justiz in den letzten Jahren unglaublicherweise weder entdeckt noch aufgeklärt wurde. Und voller Entsetzen fragen wir sich nun viele: wie groß ist die rechte Szene in Deutschland und wie gefährlich ist sie?

Natürlich sind rechtsextreme Gedanken auch im Internet zu finden. Das Web ist groß und bietet nun einmal jedem Nutzer, so abstrus seine Meinung auch sein mag, die Möglichkeit sich zu äußern. Jugendschutz.net unterstützt die Kommission für Jugendmedienschutz und macht sich online nach allem auf die Suche, was die Jugend gefährden könne, darunter auch rechtsradikale Inhalte. Die Mitarbeiter dieser gemeinnützigen GmbH durchsuchen das Internet nach jugendgefährdenden Inhalten und versuchen diese aus dem Netz entfernen zu lassen.

Das klingt im ersten Moment erst einmal nach einer wichtigen und sinnvollen Aufgabe von Jugendschutz.net und auch die Warnung vor den immer weiter wachsenden Onlineaktivitäten der rechten Szene lösen zunächst Besorgnis bei mir aus. Aber auf den zweiten Blick sehe ich das schon wesentlich kritischer. Das Internet ist ein internationales Netzwerk, demnach ist es ein Kampf gegen Windmühlen Jugendschutz in diesem Medium durchsetzen zu wollen. Auf deutschen Webseiten ist es natürlich möglich, jugendgefährdende und rechtsextremistische Inhalte entfernen zu lassen, denn hier greifen deutsche Gesetze. Aber die Webseitenbetreiber von Seiten, die auf einem Webserver eines anderen Landes liegen, können nicht so einfach dazu gezwungen werden, Inhalte zu löschen, nur weil sie gegen deutsche Gesetze verstoßen. Ich denke, wir müssen uns endlich damit abfinden, dass sich das Internet nicht zensieren lässt!

Stop Zensur (Foto: zensursula/Flickr)

Stop Zensur (Foto: zensursula/Flickr)

Denn wird es tatsächlich geschafft eine Webseite wegen bedenklichen Inhalten vom Netz zu nehmen, ist stark damit zu rechnen, dass diese kurze Zeit später wieder online ist: auf einem US-amerikanischen Server zum Beispiel. Zudem ist eine Zensur sehr gefährlich, denn schnell kann es geschehen, dass Staaten ihre Macht ausnutzen und plötzlich alles zensieren, was ihnen nicht gefällt. Das beste Beispiel hierfür ist die Internet-Zensur-Politik von China. Dort sind nicht nur pornographischen Seiten gesperrt, auch die Auftritte religiöser und politischer Gruppierungen, die die chinesische Regierung als schädlich ansieht, sowie renommierte Nachrichtendienste sind in China gesperrt. Und nicht wenige Menschen sitzen wegen Online-Publikationen in chinesischen Gefängnissen. Zensur und Sperren sind nicht die Lösung gegen Rassismus und jugendgefährdende Inhalte, sondern die Aufklärung. Wir müssen unserer Jugend und unseren Kindern Werte vermitteln und ihnen den richtigen Umgang mit dem Internet beibringen, nur so können wir die Gefahr der Verbreitung von gefährlichem Gedankengut verringern. Am sinnvollsten halte ich ein neues Schulfach Medienkompetenz, indem die Kinder und Jugendlichen lernen mit dem Internet und den sozialen Netzwerken besser umzugehen.

Aber was ist mit der immer größer werdenden Neonazi-Szene im Internet, die sich das Web 2.0 zu nutze machen will, um neue, junge Anhänger zu finden? Da dürfen wir doch nicht einfach untätig bei zusehen, oder doch?

Wir können Rechtsradikalen nicht verbieten auf Facebook & Co. ihr Unwesen zu treiben. Aber wir können Stellung beziehen und in unserem Umfeld ein gutes Beispiel sein: respektvoll mit anderen Menschen umgehen und uns einmischen, wenn fremdenfeindliche Sätze gesagt oder rassistische Taten begangen werden – online wie offline. Das ist, meiner Meinung nach, der beste Umgang mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Und auch wenn 6.000 rechtsextreme Online-Beiträge innerhalb eines Jahres erschreckend sind, so sind diese – verglichen mit der täglichen Anzahl an neuen Internetbeiträgen – dennoch überschaubar. Die Justiz sollte die Internetaktivitäten der Neonazi-Szene dazu nutzen, die gefährlichen Kandidaten im Auge zu behalten und in Zukunft so grausame Taten wie die gerade aufgedeckte Neonazi-Mordserie zu verhindern.

Say No to racism (Foto: Vectorportal/Flickr)

Say No to racism (Foto: Vectorportal/Flickr)

Und zuletzt möchte ich noch einmal darauf hinweisen: es liegt an uns selbst Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen! Wir alle sind Menschen und wir haben alle den gleichen Respekt verdient, egal welche Nationalität und welche Hautfarbe wir haben oder welche religiösen Ansichten wir vertreten. Wenn wir nach diesem Prinzip leben und das auch nach Außen zeigen, können wir den Rassismus in seine Schranken weisen. Setzt Euch für Eure Mitmenschen ein, wenn diese aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aussehens beleidigt werben. Kritisiert eine Person laut und deutlich, wenn diese fremdenfeinliche, rassistische Äußerungen von sich gibt. Neonazis sind nur eine kleine Gruppe menschenverachtender Fanatiker. Ihnen gegenüber stehen Millionen Deutsche, die Rassismus verabscheuen. Nicht das Sperren von Internetseiten wird eine Veränderung herbeiführen, sondern nur wir selbst!

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

1 Antwort

  1. WolfsPAD sagt:

    Das ist sicherlich eben ein gesellschaftliches Problem. Vor der Medienkompetenz kommt erst die Lebenskompetenz. Das unsere Kinder diese Lebenskompetenz bekommen, ist unsere wichtigste Aufgabe. Nicht die Noten in der Schule sollten für unsere Gesellschaft/uns das wichtigste sein, sondern starke und liebevolle Kinder. Ich weiß, das das eine sehr große Aufgabe ist und das wir eben selbst stark und liebevoll sein müssen. Auch wenn unsere Eltern das noch nicht geschafft haben. Zu oft werden noch die Kinder als Sache zur Verfügung der Erwachsenen gesehen. Ob es um Missbrauch oder Normen der Gesellschaft geht.

    Wolfram

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