Das Internet – wie gefährlich ist es wirklich?
Seit der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Hans-Peter Uhl, in einem Radiointerview dem Internet die Mitschuld an den furchtbaren Anschlägen in Norwegen gab, entflammten im Internet zahlreiche Diskussionen über die Risiken des Internets und die Frage, ob Terroranschläge tatsächlich durch das Netz begünstigt werden, erhitzte die Gemüter. Zunächst einmal die Worte von Herrn Hans-Peter Uhl, die für so große Aufregung bei den Internetusern gesorgt haben:
„Diese schreckliche Tat von Oslo wurde ja nur scheinbar von einem Einzeltäter begangen, es wird immer mehr bekannt über seine Internetkontakte. In Wahrheit wurde diese Tat im Internet geboren. Und diese ideologische Aufrüstung im Internet unter Extremisten, die müssen wir uns genauer anschauen. Hier finden große Straftaten permanent statt, übrigens auch in Deutschland. […] Wir sind uns einig, dass wir das Internet stärker überwachen müssen.“
Gleich nach diesem Radio-Interview reagierte eines der beliebtesten, deutschen Blogs Netzpolitik.org und äußerte sich so:
„Warum wird von Herrn Uhl und seinen Kollegen aus der Union wieder so schnell das Internet als Sündenbock herangezogen, aber die Mitgliedschaft des Attentäters in einem Schützenverein und der legale Besitz mehrerer Waffen wird nicht thematisiert? Warum gehen die betroffenen Norweger so souverän an die Sache heran und betonen den Wert ihrer Offenheit und Freiheit, während in Deutschland sofort weitere Bürgerrechtseinschränkungen gefordert werden?“
Und auch das soziale Netzwerk Twitter wurde von Nachrichten zu diesem Thema überschwemmt. Es waren zahlreiche Tweets wie diese zu lesen:
„Weltsicht leicht gemacht: Alles Böse wird #iminternetgeboren“ (@metronaut)
„CSU-Ansichten wurden #indersteinzeitgeboren, Demokratie von morgen wurde #iminternetgeboren“ (@carpetemporem)
„Hmmm… wurde die Idee, Personen zum CDU Sommerfest über Facebook einzuladen, nicht auch #iminternetgeboren?“ (@frisch_gebloggt)
Es ist wirklich schön zu sehen, wie viele Internetuser sofort reagierten und die Freiheit des Internets verteidigten! Das Internet fördert die demokratische Kultur und ist gleichzeitig ein riesiger Informationspool, der unserem Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit einen Raum für Entfaltung gibt und uns den Zugang zu Wissen erleichtert wie nie zuvor. Viele Internetnutzer fürchten zu Recht, dass eine Kontrolle und Zensur des Internets diese Freiheit zerstörten könnte.
Aber steckt in den Worten von Hans-Peter Uhl nicht auch ein Fünkchen Wahrheit? Schließlich gibt es tatsächlich Foren und Netzwerke im Netz, die menschenverachtende und gefährliche Ideologien propagieren. Gibt man Rechtsradikalen, Sexualverbrechern und anderen gefährlichen Gruppierungen nicht gleichzeitig die Möglichkeit, zu wachsen und für die Gesellschaft bedrohlich zu werden, wenn wir das Internet nicht vom Staat kontrollieren und zensieren lassen?
Die Frage muss anders gestellt werden: kann die Internetzensur auch tatsächlich ideologisch gefährliche Inhalte aus dem Internet verbannen? Und hier kommen wir zum Kern der Problematik! Leider ist eine hundertprozentige Sperrung nicht möglich, denn Internetsperren können leicht umgangen werden und hindern wohl kaum einen User daran, die Inhalte im Netz zu finden, die er ernsthaft finden möchte; besonders da das Internet ein internationales Netzwerk ist, das über die Grenzen Deutschlands hinaus geht.
Zensur des Internets und Websperren beseitigen nicht das Problem ideologisch gefährlicher Webinhalte. Webseiten lassen sich nicht zuverlässig sperren, so sehr sich das viele Menschen auch wünschen. Ein unzensiertes, freies und auf demokratischen Werten basierendes Internet ist dagegen ein Gut, das wir schätzen und beschützen sollten.
Und dann meldet sich vorgestern Abend plötzlich ein weiterer CDU-Politiker zu Wort, um folgenden, unfassbaren Satz im ZDF Heute-Journal loszuwerden:
“Es ist Mode geworden, die Freiheitsrechte des Bürgers in den Vordergrund zu stellen.”
(Siegfried Kauder)
Ohne Worte.
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