Warst Du dieses Jahr auf einer Gay Pride?
Ich bin eine Frau und heterosexuell. Ich bin weder lesbisch, noch bisexuell oder transgender. Dennoch gehe ich jedes Jahr zur Gay-Pride in meiner Stadt. Ich mache das nicht, um zu bezeugen, dass ich dazu stehe homosexuell zu sein, denn das bin ich nicht. Ich gehe dorthin, um zu zeigen, dass ich Homophobie grauenvoll finde und es unter uns Menschen mehr Akzeptanz und Respekt geben sollte. Als Besucher einer Gaypride möchte ich ausdrücken, dass ich es wundervoll finde, wie unterschiedlich die Menschen sind und kein schwuler Mann, keine lesbische Frau und auch keine bisexuellen Menschen, Transgender oder Intersexuelle darunter leiden dürfen, dass sie „anders“ sind als andere. Wir sind alle Menschen. Und wir sind alle auf die ein oder andere Art „anders“. Die Diskriminierung muss endlich aufhören! Und deshalb gehe ich zur Gay-Pride und setze damit ein Statement.
Der Christopher Street Day
Der Ursprung der heutigen Gay-Prides führt auf ein Ereignis in New York zurück, das sich am 27. und 28. Juni 1869 ereignete. Zu dieser Zeit gab es immer wieder gewalttätige Razzien der Polizei in Kneipen mit trans- und homosexuellem Zielpublikum. Doch in dieser Nacht, vor dem „Stonewall Inn“, einer Schwulenbar in der Christopher Street, wehrten sich die Betroffenen erstmals gegen die willkürliche Diskriminierung der Polizei. Tagelange Straßenschlachten mit der New Yorker Polizei waren die Folge. Die Unruhen in der Christopher Street gelten weltweit als Beginn der Schwulen-, Lesben- und Transgenderbewegung. Und der Christopher Street Day (CSD) ist inzwischen ein Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern.
Paragraf 175
Was viele nicht wissen: bis 1994 existierte der Paragraf 175 im Strafgesetzbuch, der Homosexualität unter Strafe stellte. Auf Grundlage dieses Paragrafen wurden in der Bundesrepublik Deutschland bis 1969 rund 50.000 Männer verurteilt. Dann wurde der Paragraf endlich entschärft, aber erst im Jahre 1994 komplett abgeschafft. Erschreckend spät, wie ich finde! In der DDR, wo es deutlich weniger Verurteilungen gab, war dies bereits 1968 der Fall.
Gaypride – nur noch eine wilde Party?
Als 1979 in Deutschland die ersten CSD-Veranstaltungen stattfanden, waren diese nicht vergleichbar mit den gutbesuchten, schrillen Paraden von heute. Nur ein paar hundert Menschen trauten sich damals auf die Straße und demonstrierten für mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen und Transgender.
Heute sind es Hunderttausende, die an den Gay-Prides teilnehmen. Und es ist einfach wunderbar, dass so viele Menschen für Akzeptanz und Gleichberichtung auf die Straße gehen. Eine große Feier der Liebe! Und ein echtes Statement!
Trotzdem erlebt man auf der Gay-Pride immer wieder auch unschöne Dinge. Unter den vielen Teilnehmern gibt es leider immer auch ein paar Leute, die das Ziel aus den Augen verlieren. Zum einen gibt es die Feierwütigen, die sich bunte Faschingskostüme bestellen, sich dann verkleidet in die Menschenmasse stürzen, stockbetrunken umhertollen und die Pride nur als wilde und bunte Party verstehen. Diese Leute wollen kein politisches Statement setzen, sondern einfach nur „abfeiern“. Und dann gibt es noch die Leute, die eine Pride als Einladung verstehen, öffentlich Ihre Genitalien zur Schau zu stellen oder gar sexuelle Handlungen vor den Augen aller zu begehen. Sie wollen mit nackter Haut und öffentlichem Sex provozieren. Da auch Familien mit Kindern am Straßenrand stehen, sind solche Verhaltensweisen einfach nur geschmacklos. Vereinzelte Spinner, über die ich mich jedesmal ärgere! Zum Glück fallen nur einzelne so negativ auf.
Dennoch sind und bleiben Gay-Prides wichtige Veranstaltungen, die laut und deutlich für mehr Toleranz, Akzeptanz und Gleichberechtigung eintreten. Und wenn einzelne Personen den Sinn der Veranstaltung nicht verstehen oder sich sogar daneben benehmen, lässt sich das bei so vielen Menschen leider nicht verhindern. Die wichtige und positive Message aber bleibt: gemeinsam für Akzeptanz und Vielfalt und gegen Diskriminierung! Für diese Message lohnt es sich doch auf die Straße zu gehen, findest Du nicht?
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