Merkel bezeichnet Internet als Neuland
Während der Pressekonferenz mit US-Präsident Barack Obama in Berlin sagte unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern folgende Worte:
„Das Internet ist für uns alle Neuland, und es ermöglicht natürlich auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung, mit völlig neuen Möglichkeiten und völlig neuen Herangehensweisen unsere Art zu leben in Gefahr zu bringen. Deshalb schätzen wir die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika in den Fragen der Sicherheit.“
Nur wenige Minuten nachdem die Bundeskanzlerin diesen Satz formulierte, startete eine Welle des Spotts und der Empörung im Internet und die Online-Diskussion begann.
Auch die Opposition beteiligte sich:
Regierungssprecher Steffen Seibert versuchte einzulenken und Merkels Worte zu erklären; mit wenig Erfolg:
Fehlende Kompetenz für Netzpolitik
So lustig es auf den ersten Blick auch scheinen mag, dass die Bundeskanzlerin das Internet als Neuland bezeichnet, so ernüchternd ist es auch. Das World Wide Web entstand 1989, sprich vor 24 Jahren. 1993 entstand dann die zentrale Registrierungsstelle für deutsche Domains (DENIC) und Ende der Neunziger Jahre schaltete die Telekom die ersten Breitband-Verbindungen frei, das Internet wurde massentauglich und erfreute sich einer schnell wachsenden Beliebtheit. Von Neuland kann man im Jahre 2013 nun wirklich nicht mehr sprechen.
Trotz dieser langen Zeit hat es die Regierung nicht geschafft sich intensiver mit Netzpolitik zu beschaffen und sich das Netz von Experten statt von Lobbyisten erklären zu lassen. Wahnwitzige Ideen, wie Internetzensur, Leistungsschutzrecht und ACTA werden von der Regierung entwickelt und versucht umzusetzen. Ganze Abmahnwellen gehen seit Jahren durch die Republik, in denen Kinder zu vielen tausend Euro Strafe verurteilt werden, weil sie unbedarft gegen das strenge und völlig veraltete Urheberrecht verstoßen haben. Doch die Regierung sieht keinen Bedarf zu handeln. Aktuell versucht die Telekom das Internet teurer zu machen und die Netzneutralität abzuschaffen. Und die USA speichert Daten von sämtlichen Weltbürgern und wird zu einer gigantischen, modernen Stasi. Wo ist die Regierung, die Ihre Bürger schützt und vernünftige Gesetze im Sinne des Allgemeinwohls beschließt?
Der Besuch Barack Obamas gestern in Berlin wäre die geeignete Gelegenheit gewesen, dem US-amerikanischen Präsidenten deutlich zu machen, dass Deutschland und Europa solche Abhöraktionen im Internet nicht dulden. PRISM ist nichts anderes als staatliche Spionage und verstößt gegen Grundrechte. In einer solchen Situation zu betonen, das Internet sei für die Deutschen Neuland, ist peinlich und völlig unangebracht.
Doch Angela Merkel glaubt anscheinend, sie habe ihr Bestes gegeben, um die deutschen Bürger vor der Spionage zu schützen. Sie habe schließlich „sehr lange“, „sehr ausführlich“ und „sehr intensiv“ mit Obama über PRISM gesprochen und sie versichert allen, dass dieser Dialog auch weitergehe.
„Ich habe aber auch deutlich gemacht, dass bei aller Notwendigkeit das Thema der Verhältnismäßigkeit ein wichtiges Thema ist.“
Volksvertreter
Fühlen wir uns als deutsches Volk gut von Frau Merkel vertreten? Frau Merkel stand gestern vor dem Mann, der mitverantwortlich für eine Staatsspionage in einem nie da gewesenen Umfang ist. Und sie verkündet öffentlich vor der ganzen Welt, das Internet sei für die Deutschen noch Neuland und man müsse bei PRISM nur die richtige Balance finden?
„Prism hat Leben geschützt“, verteidigte sich Obama. Es ginge nur darum Terroristen abzuwehren.
Wollen wir uns damit wirklich zufriedengeben? Akzeptieren wir, dass wir alle von den USA digital bis ins kleinste Detail ausspioniert werden, damit diese angeblich besser gegen Terrorismus vorgehen können? Wohin solche Entwicklungen führen können, hat George Orwell in seinem Roman 1984 eindrucksvoll gezeigt.
Big brother is watching us. Und Frau Merkel lächelt und spricht vom Internet als Neuland.
Für mich ist der Fall ganz klar was ich wählen werde. Piraten, was sonst?
„Big Brother is watching you“
Heult doch! Wer das eine will, muss das andere Lieben!
Wenn nur ein Leben durch PRISM geschützt/gerettet wurde, dann ist es richtig gewesen!
Ah, einer aus der „Der Zweck heiligt die Mittel“ und „Ich habe ja nichts zu verbergen“-Fraktion. Mittlerweile sind nochmal fast vier Wochen um. Immer noch dieser Meinung? Oder aufgrund des schieren Ausmaßes jetzt vielleicht nicht mehr ganz so sicher, dass prism total ok, ist, @Guido? Falls Du bereit bist, noch ein ganz kleines bisschen weiterzudenken, dann frag Dich eines: Glaubst Du tatsächlich, die NSA (und nicht nur die) überwacht uns, weil sie Menschenleben retten möchte? Nein. Das ist nicht der Zweck der Sache. Sie tun es, weil sie es können. Und weil sie uns damit kontrollieren. Weil sich der Staat damit eine eigene Legitimation schafft- weil er die Angst der Menschen vor den Menschen schürt. Wenn ich Deinen Kommentar so lese, denke ich: Ein wenig Recht haben sie auch damit. Zumindest vor Deiner Meinung sollte man Angst haben;) Nicht böse sein. Nur drüber nachdenken.
Danke für Deinen Kommentar, Juna! <3